María Olalla Olea Romacho, Dissertation, Fachbereich Physik der Universität Hamburg, 2022 :

"Higgsphysik als Fenster zur elektroschwachen Epoche"


"Higgs physics as a window to the electroweak epoch"



Summary

Kurzfassung

Diese Dissertation untersucht drei auf verschiedene Weise motivierte skalare Erweiterungen des Standardmodells und zeigt, dass die Kombination von Einschränkungen aus Teilchenbeschleuniger-Experimenten, aus der Entwicklung des frühen Universums und aus zukünftigen astrophysikalischen Experimenten, zum Beispiel Gravitationswellen (GW)-Interferometern, von großem Wert sein werden, um die Parameterraum dieser Modelle einzuschränken. Erweiterungen des Higgs-Sektors des Standardmodells ermöglichen eine vielfältige kosmologische Entwicklung rund um die elektroschwache (EW) Skala. Im Zwei-Higgs-Dublett-Modell (2HDM) und seiner Erweiterung um ein weiteres reales Singletfeld (dem N2HDM) bestimmen wir die Parameterregionen, die einen EW Phasenübergang erster Ordnung (FOEWPT), aber auch andere Effekte wie die Nichtrestauration der EW Symmetrie (SnR) bei hohen Temperaturen, vorhersagen. Wir zeigen ferner, dass das Vorhandensein von `vacuum trapping’ eine starke FOEWPT in Parameterraumregionen verhindern kann, die zuvor als vielversprechend für die Realisierung von EW Baryogenese angesehen wurden. Wir analysieren diese Phänomene und insbesondere ihre Beziehung zueinander und diskutieren ihre Verbindung zur vorhergesagten Phänomenologie am LHC. Speziell für das 2HDM betrachten wir, ob die Regionen des Parameterraums mit einem starken FOEWPT in Zukunft mit dem weltraumgestützten GW-Teleskop LISA durch durch die Beobachtung eines zugehörigen stochastischen GW Hintergrunds getested werden können. Wir finden, dass nur sehr eingeschränkte Bereiche des Parameterraums GW-Signale hervorrufen können, die durch LISA nachweisbar sind. Wir zeigen außerdem auf, dass diese Parameterregionen Indizien für neuartige Physik bei Energieskalen vorhersagen, die bereits am HL-LHC durch Suchen nach neuartiger Physik an der TeV-Skala oder durch die Messungen der Selbstkopplung des Higgs-Bosons bei 125~GeV experimentell untersucht werden. Wir analysieren desweiteren eine Erweiterung des 2HDMs, das ein komplexes Singletfeld enthält, das S2HDM. Dieses Modell sagt ein Teilchen voraus, das als sogenanntes pseudo-Nambu-Goldstone ein Kandidat für dunkle Materie darstellt. Im S2HDM verschwinden aufgrund einer U(1)-Symmetrie auf klassischer Ebene und im Limes von verschwindendem Impulstransfer die Wirkungsquerschnitte für die Streuung der Dunklen Materie an Atomkernen. Die U(1)-Symmetrie ist jedoch sanft gebrochen, um dem Dunkle-Materie-Teilchen eine Masse zu verleihen. Als Folge dessen entstehen nicht-verschwindende Wirkungsquerschnitte auf Schleifen-Niveau. Einerseits konfrontieren wir das Modell mit einer Vielzahl theoretischer und experimenteller Randbedingungen und diskutieren die Komplementarität zwischen den Randbedingungen im Zusammenhang mit dem Sektor der Dunklen Materie und dem Higgs-Sektor. Andererseits berechnen wir die führenden Strahlungskorrekturen der Streuung der dunkler Materie an Nukleonen im S2HDM und stellen fest, dass die aktuellen Obergrenzen an die Wirkungsquerschnitte ermittelt mit Hilfe der Experimenten zur direkten Detektion dunkler Materie den Parameterraum des S2HDMs kaum einschränken können. Im Gegensatz dazu können die strahlungskorrigierten Vorhersagen für die Streuquerschnitte jedoch über den Obergrenzen zukünftiger Experimente zur direkten Detektion dunkler Materie liegen.

Titel

Kurzfassung

Summary

This dissertation investigates three well-motivated scalar extensions of the Standard Model and shows that the combination of constraints from collider experiments, from the evolution of the early Universe, and from future astrophysical experiments, such as GW interferometers, will be very valuable for probing the parameter space of those models. In particular, extensions of the Higgs sector of the Standard Model allow for a rich cosmological history around the electroweak scale. In the two-Higgs-doublet model (2HDM) and its real singlet extension (the N2HDM), we determine the parameter regions featuring a first-order EW phase transition (FOEWPT), but also the regions where other effects occur such as electroweak symmetry non-restoration (SnR) at high temperature. We further show that the presence of vacuum trapping can impede a strong FOEWPT in parameter space regions that previously were considered promising for the realisation of electroweak baryogenesis. We analyse these phenomena and in particular their relation to each other, and discuss their connection to the predicted phenomenology at the LHC. Specifically for the 2HDM, we study whether the parameter space region featuring a strong FOEWPT can be probed in the future with the space-based gravitational-wave (GW) telescope LISA via the detection of the associated stochastic GW background. We find that only very contrived regions of the parameter space can give rise to GW signals that are detectable at LISA. We point out that these regions predict indications of new physics at energy scales that will already be probed at the HL-LHC by means of searches for new physics at the TeV scale or the experimental information on the self-coupling of the Higgs boson at 125 GeV. We also investigate a complex singlet extension of the 2HDM, the S2HDM, which contains a pseudo-Nambu-Goldstone dark matter (DM) candidate. In this model, the cross sections for the scattering of the DM on nuclei vanish at tree-level in the limit of zero momentum-transfer due to a U(1) symmetry. However, this symmetry is softly broken in order to give a mass to the DM particle. As a consequence, non-vanishing scattering cross sections arise at the loop level. On one hand, we confront the model with a multitude of theoretical and experimental constraints and discuss the complementarity between constraints related to the DM sector and to the Higgs sector. On the other hand, we calculate the leading radiative corrections to the DM-nucleon scattering in the S2HDM, and we find that the current cross-section limits from DM direct-detection experiments can hardly constrain the parameter space of the S2HDM. However, the loop-corrected predictions for the scattering cross sections can be well within the reach of future direct-detection experiments.